Franz Wachsmann

Kaum ein anderer Komponist übte mehr Einfluss auf den frühen Tonfilm aus als Franz Wachsmann, dessen Kompositionen in mehr als 100 Filmen erklangen und für viele die Essenz des Hollywood Sounds schlechthin darstellen. Als jüngstes von sieben Kindern wurde Wachsmann 1906 in Königshütte/Chorzów geboren. Obwohl er seinen ersten Klavierunterricht bereits mit sechs Jahren erhielt, lag seiner Familie wenig an einer Karriere des Sprösslings in der Musikbranche. Auf Wunsch des Vaters schloss der spätere Komponist, Pianist und Dirigent zuerst eine Banklehre ab. Mehr als zwei Jahre lang arbeitete er als Kassierer und nutzte das Gehalt, um sein Studium (Klavier, Kompositions- und Harmonielehre) zu bezahlen, dem er erst in Dresden und anschließend in Berlin nachging, wo er sein Geld als Pianist in Nachtclubs verdiente. Während dieser Zeit wurde er von Friedrich Holländer entdeckt, der einen Pianisten für die seinerzeit populäre und inzwischen legendäre Jazz Band die Weintraub Syncopators suchte. Seit 1928 war Wachsmann ein festes Mitglied der Band und gelangte durch Holländers Vermittlung zur UFA. 1930 durfte er als musikalischer Leiter beim „Blauen Engel“ Holländers Filmmusik arrangieren.

Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten konnte sich Wachsmann als Arrangeur, Dirigent und Komponist in Deutschland einen Namen machen, bevor er 1933 nach Frankreich flüchtete. Seine Musik prägte mehr als ein Dutzend Filme, und seine Schlager waren erfolgreiche Ohrwürmer, wie die von Marlene Dietrich vorgetragene Version von „Allein in einer großen Stadt“. Die zu UFA-Zeiten begonnene Zusammenarbeit mit Erich Pommers wirkte auch im Exil fort. Pommers war 1933 als Jude aus dem Vorstand der UFA entlassen worden. In den folgenden Jahren arbeitete er nunmehr, erst in Paris und später in den USA, für FOX. Bei seinen Filmen griff Pommers vermehrt auf frühere Kollegen und Mitarbeiter zurück, darunter auch Wachsmann, mit dem er 1933 in Frankreich an dem gemeinsamen Film „Liliom“ arbeitete und den er auch für den Film „Music in the Air“ in den USA verpflichtete.

1934 traf Wachsmann mit seinen Eltern Otto und Rosalie sowie seiner Frau Alice in Kalifornien ein, wo die Familie ihren Namen in Waxman änderte. Seine Schwester Frieda und ihr Mann Marcus Karliner folgten 1940. Deren Enkeltochter vermachte die wertvolle Sammlung seltener Familienaufnahmen dem LBI.

Nach seiner Ankunft in den USA studierte Wachsmann bei Arnold Schönberg und wurde rasch in Hollywoods Filmindustrie eingebunden. Sein erster Film war zwar „Music in the Air“, doch der große Durchbruch gelang ihm erst im Folgejahr 1935 mit „The Bride of Frankenstein“. Von 1934 bis 1936 leitete er das Music Department von Universal. Zu seinen berühmtesten Werken aus dieser Zeit gehören „Magnificent Obsession“, „Diamond Jim“ und „The Invisible Ray“. Danach wechselte er zu Metro Goldwyn Mayer und drückte dem Studio seinen ganz eigenen Stempel auf: Zum einen komponierte er durchschnittlich sieben Filmmusiken pro Jahr, darunter Klassiker wie „Captain Courageous“, „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ oder „Woman of the Year“, und zum anderen entstammt die bekannte MGM Fanfare seiner Feder. 1943 wurde er von Warner Brothers abgeworben.

In seinen 32 Jahren in Hollywood schrieb Wachsmann knapp 188 Soundtracks, die bis heute Kultstatus genießen, darunter: „Prince Valiant“, „Taras Bulba“, „Sayonara“, „Peyton Place“, „The Spirit of St. Louis“ oder „The Nun’s Story“, um nur einige zu nennen. Er erhielt zwölf Oscar Nominierungen, von denen er zwei gewann. 1950 erhielt er die Auszeichnung für „Sunset Boulevard“ und 1951 für „A Place in the Sun“. Bis heute ist er der einzige Komponist, dem es gelang, in zwei aufeinanderfolgenden Jahren einen Oscar zu bekommen.

Neben seiner Tätigkeit im Filmgeschäft gründete Wachsmann das Los Angeles International Music Festival, das er fast 20 Jahre lang leitete. In dieser Zeit erlebten Werke von Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch, Igor Strawinsky, William Walton, Arnold Schönberg und Vaughan Williams ihre Erstaufführung im Rahmen des Festivals. Zu seinen auch außerhalb der Filmbranche berühmtesten Kompositionen gehören „Carmen Fantasy“, die er ursprünglich 1947 für den Film „Humoresque“ geschrieben hatte, aber vor allem durch die Einspielung mit dem Violinisten Jascha Haifetz weltweiten Ruhm erlangte, die „Sinfonietta für Streichorchester“ von 1955, das Oratorium „Joshua“ von 1959 und der bewegende „Song of Terezin“, basierend auf den Texten von Kindern aus dem Ghetto Theresienstadt.

Mit gerade einmal 60 Jahren starb Wachsmann 1967 in Los Angeles.

Lebensstationen:

Königshütte/Chorzów - Dresden - Berlin - Paris - Los Angeles

Videos :

Kogan - Waxman - Carmen Fantasy

A Place In The Sun/Soundtrack Suite

Franz Waxman and the music of Sunset Boulevard

Franz Waxman - Greatest Hits

Sunset Boulevard/Soundtrack Suite

The Bride of Frankenstein - Soundtrack 1935

Literaturhinweise :

Fidelio Music Publishing Company. Franz Waxman: http://franzwaxman.com

Raksin, David. David Raksin Remembers his Colleagues – Franz Waxman: www.americancomposers.org/raksin_waxman.htm

Gayda, Thomas. Franz Wachsmann (2010, aktualisiert am 18. Juni 2014): http://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00003710

Palmer, Christopher. The Composer In Hollywood, London & New York: Marion Boyars Publishers, 1990, S. 94-117.

Crawford, Dorothy Lamb. A Windfall of Musicians. Hitler’s Emigres and Exiles in Southern California, New Haven & London: Yale University Press, 2009, S. 169-175.


Bestände in weiteren Archiven :

Franz Waxman Papers, Syracuse University Library: http://library.syr.edu/digital/guides/w/waxman_f.htm