Carl (Karl) Alwin
Carl Alwin, der sich als Dirigent, Komponist und Pädagoge international einen Namen machte, wurde 1891 in Königsberg als Karl Oskar Pinkus geboren. Seine musikalische Ausbildung absolvierte er in Berlin bei Engelbert Humperdinck und Hugo Kaun. 1910 gelang es ihm, als Korrepetitor an die Berliner Hofoper berufen zu werden, dem Stammhaus des Bayreuther Festspieldirigenten Karl Muck. Muck vermittelte ihn 1914 als musikalischen Assistenten an die Festspiele. Zudem war Alwin ein äußerst gefragter Kapellmeister. 1913 bekleidete er den Posten in Halle, 1914 in Posen, von 1915 bis 1917 in Düsseldorf, 1917 am Hamburger Stadttheater und seit 1920 an der Wiener Hofoper, wo er eng mit Richard Strauss zusammenarbeitete. Auch seine erste Frau, die Sopranistin Elisabeth Schumann, war an der Wiener Hofoper engagiert. Seit 1924 hatte Alwin einen Lehrstuhl an der Hochschule für Musik in Wien inne und gab als Mozart-Dirigent Gastspiele in London, Paris, Madrid und Barcelona.
Nach der Annexion Österreichs wurde Alwin 1938 all seiner Posten enthoben. Einen Tag vor dem Einmarsch der deutschen Truppen gab er am 11. März 1938 mit „Eugen Onegin“ seine letzte Aufführung. Im September ereilte ihn die offizielle Zwangspensionierung. Wenig später gelang ihm die Flucht in die Vereinigten Staaten von Amerika.
In New York erhielt er unter anderem von Lotte Lehmann Unterstützung, die sich in zahlreichen Briefen für ihn einsetzte und ihn als den „letzten Dirigenten des freien Österreichs“ bezeichnete. In der ersten Zeit begleitete er den Tenor Jan Kiepura auf seinen Tourneen. 1939 erfolgte die Anstellung als Dirigent an der Chicago Civic Opera. In seiner Zeit in den USA heiratete er erneut. Nach mehreren Gastauftritten in Südamerika blieb er auf Einladung des Kammersängers Franz Steiner 1941 als Dirigent der Opera Nacional in Mexiko-Stadt und lehrte am staatlichen Konservatorium. Trotz seines Wohnorts in Mexiko nahm er 1945 an einer Tournee für die Truppen der US-Armee teil. Unter anderem trat er in Puerto Rico und Trinidad auf. Doch seine Gesundheit war bereits angeschlagen. Am 15. Oktober 1945, kurze Zeit nach seiner Rückkehr nach Mexiko-Stadt, starb Carl Alwin.Lebensstationen:
Königsberg - Berlin - Halle - Posen - Bayreuth - Düsseldorf - Hamburg - Wien - New York - Chicago - Mexiko-Stadt
Bilder :
Literaturhinweise :
Hanna Lange Collection. AR 10673 (http://www.lbi.org/digibaeck/results/?qtype=pid&term=2307311)
Carl_Alwin 30-3-1945 F 84242, Hanna Lange Collection. AR 10673 (http://www.lbi.org/digibaeck/results/?qtype=pid&term=1215921)
Karl Alwin, Datenbank des Orpheus Trust 1996-2006: http://www.orpheustrust.at/musikereinzeln.php?l=g&muid=20000828175353
Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM), 2007, aktualisiert am 13. April 2016: http://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001577
Österreichische Nationalbibliothek (Hrsg.). Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1, München: K. G. Saur Verlag, 2002.
Walk, Joseph. Kurzbiographien zur Geschichte der Juden: 1918-1945, hrsg. v. Leo Baeck Institute Jerusalem, München: K. G. Saur Verlag, 1988.
Pass, Walter/Scheit, Gerhard/Svoboda, Wilhelm (Hrsg.). Orpheus im Exil: Die Vertreibung der österreichischen Musik von 1938 bis 1945, Wien: Verlag für Gesellschaftskritik, 1995.
Geiger, Friedrich. Die „Goebbels-Liste“ vom 1. September 1935: Eine Quelle zur Komponistenverfolgung im NS-Staat, in: Archiv für Musikwissenschaft, Jg. 59, H. 2, Stuttgart: Steiner Verlag, 2002, S. 104-112.
Heer, Hannes/Kesting, Jürgen/Schmidt, Peter (Hrsg.). Verstummte Stimmen: Die Bayreuther Festspiele und die Juden 1876 bis 1945, Berlin: Metropol Verlag, 2012, S. 365.
Bestände in weiteren Archiven :
Historisches Museum Wien, Bilddatenbank
Columbia University Library, Rare Book and Manuscript Library, Constanze Hope Berliner Collection (Korrespondenz mit Lotte Lehmann).
Emergency Committee in Aid of Displaced Foreign Scholars Records, MssCol 922, Manuscripts and Archives Division, The New York Public Library.